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CD-DETAILS NUBES DE PAPEL [DEPEDRO]


Foto: Plattenfirma

Depedro

Nubes De Papel [Weltmusik]


RELEASE: 26.11.2010


LABEL: Nat Geo Music

VERTRIEB: Warner Music Group

WEBSITE: www.depedro.net

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„Nubes De Papel“ (zu deutsch: Papierwolken), das zweite Album des spanischen Gitarristen und Singer/Songwriters Jairo Zavala, ist im Grunde genommen eine Ansammlung von Träumereien von der Straße. Das zumindest sagt Zavala selbst, der als Solo-Artist den Künstlernamen Depedro trägt: „Zwei Jahre lang bin ich unentwegt auf Tour gewesen. Ich war in verschiedenen Ländern, verschiedenen Städten, verschiedenen Hotels, und überall habe ich wahnsinnig inspirierende Träume gehabt.“ Diese Träume sind eine der wenigen Konstanten im rastlosen Leben Zavalas, der nicht nur als Solokünstler aktiv ist, sondern auf Abruf auch mit Acts wie Calexico oder Andrew Bird auf der Bühne steht.



Und diese Träume sind es auch, die all seinen gefühlvollen, sehnsüchtigen und ergreifenden Songs zugrunde liegen. Seine Musik, traditionell und experimentell zugleich, hat ihre Wurzeln in Sounds aus Spanien, Mexiko und Lateinamerika, doch ihre Blüten wachsen weit über diese Landesgrenzen hinaus. Mit seinen Songs hat Zavala sich mittlerweile eine eigene kleine Welt erschaffen, deren verführerische Landschaftskulisse leicht zu betreten ist; auf einer Karte findet man sie deshalb aber noch lange nicht.

Den Künstlernamen Depedro hat sich Zavala in Anlehnung an die grenzenlose Natur seiner Songs ganz gezielt zugelegt, weil dieser eben genauso sinnträchtig und vage ist wie seine Musik. „Irgendwie mediterran, irgendwie spanisch“, so sein läppischer Kommentar. Sein selbstbetiteltes Debüt von 2009 hat damals ungemein dazu beigetragen, dass National Geographic eine Möglichkeit gefunden hat, Musik in die Welt zu setzen, die thematisch in deren Kosmos hineinpasst, deren Inhalte nachvollziehbar sind. Welt-Musik im Stile eines Reiseberichts – abenteuerlich und anspruchsvoll; international, aber nicht anthropologisch.

Aus persönlicher Sicht war die Veröffentlichung von „Depedro“ damals ein Wendepunkt in Zavalas Karriere. Das Erreichen des Gipfels nach Jahren des Schreibens und Anhäufens eigener Songs, in denen er vor allem durch die Zusammenarbeit mit anderen Musikern in Erscheinung getreten war. Der gebürtige Madrilene war nämlich sowohl Frontmann der spanischen Rock-Band Vacazul als auch der eher blues-orientierten Gruppe 3000 Hombres.

Zavala hat Songs für die spanische Surf-Band Los Coronas geschrieben und mit der schnodderigen, genresprengenden Band Amparanoia der Sängerin Amparo Sanchez auf der Bühne gestanden. Die Arbeit mit Sanchez war es dann auch, die die einflussreiche, in Arizona ansässige Alt-Country-Band Calexico auf Zavala aufmerksam gemacht hat – und kurze Zeit später gehörte er schon zum Permament-Line-Up für sämtliche Live-Aktivitäten der Band. In Folge dessen konnte Zavala auch Calexicos Studio in Tucson nutzen, um endlich seine Arbeit an „Depedro“ zu beenden. An den Reglern saß dabei kein Geringerer als Calexico-Gründungsmitglied Joey Burns himself.

Auch für sein zweites Album konnte Zavala wieder Burns als Produzenten gewinnen – was jedoch nicht über den Umstand hinwegtäuschen soll, dass „Nubes De Papel“ ganz anders klingt als sein Vorgänger: Nicht mehr ganz so hektisch, sondern sehr viel vorsichtiger, fast bedächtig. Die Arbeit an diesem Album war im wahrsten Sinne des Wortes eine Reise: Von Madrid nach Tucson, mit Aufenthalten in den verschiedensten Unterkünften, deren Aufenthalte Zavala zu eben diesem Album inspiriert haben.

„Bei der ersten Platte wusste ich noch nicht, was passieren wird. Ich hatte einfach eine Ansammlung von Songs, die irgendwann veröffentlicht werden wollten. Zwar hatte ich die Jungs von Calexico an meiner Seite, die mir dabei geholfen haben, aber letztlich war die Arbeit daran die reinste Improvisation“, erinnert sich Zavala.

„Bei der zweiten Platte war das anders. Ich konnte aus sämtlichen Erfahrungen schöpfen, die ich in den letzten Jahren angesammelt hatte; wie zum Beispiel mit so großartigen Künstlern wie Andrew Bird und eben Calexico auf der Bühne gestanden zu haben. Zudem habe ich auf diversen World-Music-Festivals gespielt, wo ich Leute wie den kubanischen Gitarristen Eliades Ochoa getroffen habe. Ich hatte stets ein tolles Umfeld um mich herum, das mich inspiriert und geprägt hat. Auch deshalb ist diese Platte wie eine Reise geworden. ‚Nubes De Papel’ ist der Prototyp eines Road-Albums.“

„Nubes De Papel“ ist außerdem ein ganzes Stück weit intimer als Zavalas vorherige Platte. Der Fokus liegt dabei vor allem auf der ausdrucksstarken Stimme und dem virtuosen Gitarrenspiel des Spaniers. Die Arrangements sind oft kunstvoll demontiert und lassen, fast unbemerkt, akustische und elektronische Instrumentation feingliederig miteinander verschmelzen – wie im Stück „Tramuntana“, das in inbrünstigen Bläser-Sätzen und schwermütigen Streichern plötzlich eine ungeahnte Dramaturgie entfaltet. Sämtliche Songs sind durchdrungen mit bittersüßen Gefühlen, am auffälligsten nachzuhören im schmerzvollen „Diciembre“ und dem englisch-sprachigen „Empty Field“, an dem auch Burns kreativ beteiligt war.

Zavala erklärt: „Ich wollte die Songs auf dem Album einfach halten – was jedoch nicht heißen soll, dass ich es mir leicht gemacht hätte. Ich wollte es bloß nicht übertreiben mit den Arrangements und Effekten. Ich mag den Sound vieler Jazz-Platten aus den Vierzigern, Fünfzigern und Sechzigern, deren Wärme – und etwas davon wollte ich auf meine Stücke übertragen. Dieses Echte, dieses Wahrhaftige. Damals haben die häufig bloß zwei, drei Stücke aufgenommen und versucht, ihre Gefühle mit minimalen Mitteln auf diesen Songs unterzubringen. Genau das habe ich auch versucht, und das war eine wahnsinnig große Herausforderung für mich. Aber eigentlich tue ich das immer, denn man braucht einfach Platz, um die Ehrlichkeit aus solchen Songs heraushören zu können.“

Besonderes Augenmerk hat er dabei auf seine (hauptsächlich spanischen) Texte gelegt, die einerseits mit einer wahnsinnigen Offenheit und emotionalen Aufrichtigkeit vorgetragen werden, andererseits aber auch von einer Art „märchenhaftem Realismus“ geprägt sind – vor allem der Titeltrack. „Ich bin so stolz auf die Lyrics dieses Albums und habe unglaublich viel Zeit in sie investiert; sie immer und immer wieder überarbeitet“, gesteht Zavala. „Ich mag es auch, mir die nötige Zeit dafür zu nehmen und Worte zu finden, die die Wirkung der Musik unterstreichen. Ich habe gar nicht vor, die Welt damit zu verändern und über die ganz großen Themen zu reden; stattdessen spreche ich lieber über die gewöhnlichen Dinge im Leben, die jeden Tag um uns herum passieren. Ich habe wirklich eine Menge Liebe in die Texte gesteckt. Beim vorherigen Album existierte die Musik schon recht lange, aber die Texte habe ich relativ schnell geschrieben. Dieses Mal habe ich sehr viel länger darüber nachgedacht – und das hört und führt man.“

Wenn man nach Vergleichen oder Bezugselementen sucht zwischen Calexico und Zavalas Mash-Up aus spanischen und lateinamerikanischen Elementen mit einem beträchtlichen Indie-Rock-Einschlag, kommt einem die Musik der L.A.-Playboys von Los Lobos in den Sinn. Zudem erinnern Zavalas Vocals manchmal jedoch auch an die liebreizende Reibeisenstimme von M. Ward, ein andermal an die abwechslungsreich sinnliche und spielerische Herangehensweise der brasilianischen Sanges-Ikone Caetano Veloso. Besonders deutlich wird das auf Zavalas brillanter Interpretation von Velvet Undergrounds „What Goes On“ – eine nach außen hin überraschende, insgesamt jedoch gleichsam kluge wie vielsagende Wahl für eine gelungene Cover-Version.

„Ich habe zuhause immer Velvet-Underground-Platten laufen gehabt“, erklärt Zavala. „Mein ältester Sohn Mario hat dann irgendwann mal ‚What Goes On’ gesungen, und so bin ich auf die Idee gekommen, das Stück zu covern; allerdings nicht originalgetreu, sondern im Stile alter Soundtracks aus den Sechzigern wie ‚West Side Story’. Man kann sich total gut vorstellen, wie die Typen meine Interpretation des Songs in ihrem Film benutzen.“ Das Ziel war also von vorn herein klar definiert. Zavala: „Leute fragen mich immer, ob das mein Song ist. Jeder kennt den Text, aber niemand hat eine Ahnung, woher der Song stammt. Das ist meine ganz persönliche Homage an Velvet Underground, ein Geschenk des Dankes an sie; dafür, dass sie mich so inspiriert haben.“

Und nun ist es Zavala selbst, der die Leute inspiriert. Dieser unermüdliche Reisende, der die Kontinente nicht nur geografisch, sondern auch musikalisch durchquert hat, und uns nun eine gänzlich unbekannte und neue Welt offenbart – und zwar mit seinem neuen Album „Nubes De Papel“. Muchas Gracias.

(Quelle: Sven-Erik Stephan, Beatsinternational, 2010)


FORMAT: CD


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