Foto: PLattenfirma
WEBSITE: www.roedelius.com
„Selbstportrait II“ bestätigte, was „Selbstportrait I“ schon andeutete: Für Roedelius sollte in Zukunft die Elektronik nicht mehr ein Mittel sein, um abstrakte, geräuschhafte Musik zu schaffen oder utopische, maschinelle Rhythmusstrukturen zu generieren. Seine Utopie war (und ist) eine ganz andere, eine seiner Persönlichkeit und Weltsicht weitaus gemäßere. Insofern sind die beiden „Selbstportraits“, vor allem aber „Selbstportrait II“ programmatisch.
Wie keinem anderen Musiker der damaligen deutschen Elektronikszene gelang es Roedelius, aus einem Stilgemisch europäischer und außereuropäischer Musikrichtungen intuitiv eine ihm eigene Musiksprache zu entwickeln, die weder epigonal war, noch den peinlichen Klischees der zeitgleich entstandenen sogenannten Weltmusik entsprach. Das Faszinierende an Roedelius’ Musik ist ihre Einfachheit: Die Vision ist kein Wolkenkuckucksheim, und die Utopie ist nachvollziehbar. Die Vision bestand schlicht und einfach darin, dass er die musikalischen Traditionen nicht nur nicht ignorierte, sondern aus ihnen heraus etwas Neues zu schaffen versuchte. Mit Erfolg.
Gerade die Darstellung des Unberechenbaren, des Nicht-Perfekten ist Roedelius’ großes Thema. Seine Musik ist gepflastert mit Stolpersteinen, die den Hörer zwar nicht straucheln lassen, aber verhindern, dass er es sich beim Hören allzu schnell bequem macht.
Roedelius hat mit diesem Album ein scharf umrissenes Bild von sich gezeichnet. Wenige Musiker können und wollen so viel von sich mitteilen. Jenseits aller Stile, Hypes und Modernismen ist „Selbstportrait II“ eine elektronisch erzeugte Musik, die jedoch völlig untechnisch klingt und die das Vorurteil Lügen straft, elektronische Musik müsse kalt und menschenfern sein.
(Quelle: bureau b, 26.10.2010)
FORMAT: CD
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